TikTok
Soziale Medien haben einen enormen Einfluss auf unser kulturelles, soziales und geistiges Leben in einem globalen Rahmen, dessen Entwicklungen und Konsequenzen wir uns wahrscheinlich noch gar nicht vorstellen können. Da gibt es sehr positive und verbindende Seiten Sozialer Interaktion, wie das Teilen von Erlebnissen, Praxistipps, Lebensstilen sowie den Austausch von Erfahrungen und Wissen bis hin zu Aufklärung, Emanzipation und gesellschaftlicher Befreiung. Mit Blick auf die Verbreitung faktenfreier Erzählungen, Verschwörungstheorien, manipulativer Desinformation, Mobbing, Hassrede und unkontrolliertes Suchtverhalten aber auch sehr negative Seiten.
Und, dann gibt es solche interessanten Phänomene interkultureller Kommunikation wie durch die indigene TikTokerin Cunhaporanga vom Stamm der Tatuyo im brasilianischen Amazonas, die mit ihren Kurzvideos über die Ernährungsgewohnheiten und Mahlzeiten ihrer Kultur ein weltweites Millionenpublikum erreicht und der industrialisierten Welt Lösungen zukunftsfähiger Ernährungssysteme aus dem tradierten Ahnenwissen ihrer indigenen Kultur präsentiert.

Von Insekten und Würmern
Plötzlich ist dieses wertvolle indigene Wissen über nachhaltige Ernährung, die das Ökosystem und die Artenvielfalt schützt, nicht mehr nur Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen auf der Suche nach globalen funktionalen Ernährungssystemen und Zukunftsvision in Welternährungsprogrammen, sondern lebensnah vermittelte Alltagspraxis. Cunhaporanga stimmt auf diese Weise, sozusagen als Botschafterin nachhaltiger Ernährung Millionen von TikTokern, Youtubern, Instagramern etc. auf sympathische und didaktisch wirksame Weise z. B. auf den Verzehr äußerst eiweißreicher Insekten und Würmer ein. Wie man aus den Feedbacks entnehmen kann „gruselt“ es die ein oder andere Follower:in beim ersten Anblick. Aber durch die authentische Demonstration der Verspeisung beispielsweise einer größeren Raupe, die genaue Beschreibung des Geschmacks sowie der genüsslichen Mimik von Cunhaporanga wird die ein oder andere TikToker:in dann doch neugierig und bekommt Lust auf „Raupen“ 🙂
Eine bessere Werbung für zukunftsfähige Ernährungssysteme kann sich die Weltgemeinschaft in einer Zeit, in der aus ökologischen Gründen eine schnelle globale Anpassung erfolgen muss, nicht wünschen. Das Schöne und Versöhnliche an dem Geschehen ist auch, dass Cunhaporanga mit ihrem Engagement als zukunftsweisende Repräsentantin der Gleichberechtigung der Völker und Wertschätzung der Kulturen in Erscheinung tritt und damit der Welt zeigt, wie wichtig Offenheit, Toleranz und Respekt füreinander ist und wir uns als Weltgemeinschaft Egozentrik und Narzissmus und darin liegende Überlegenheitsgefühle sowie die Macht des Stärkeren z. B. im Umgang mit indigenen Völkern nicht mehr leisten können, vielleicht auch nicht mehr wollen.
Dabei geht es nicht um die unreflektierte Romantik oder Idealisierung exotischer kultureller Praktiken, vielmehr um eine aufgeklärte Anerkennung des Wertes menschlicher Kultur in ihren individuellen und vielfältigen Ausprägungen, entsprechend der Entwicklungsbedingungen ihrer Umwelt, des kreativen Erforschens der Möglichkeiten des jeweils Gegebenen sowie der Inspiration und des Lernens von – und miteinander aus kulturellen Erfahrungen. Dies auf Augenhöhe für ein Gutes Leben der Menschen, für Gemeinwohl und Nachhaltigkeit.
Der Spiegel porträtiert im Artikel „Wie wird die Welt in Zukunft satt?“ das mediale Engagement von Cunhaporanga
Klima-Krise und Ernährung: Wie wird die Welt in Zukunft satt? – DER SPIEGEL
Quellte Bilder Youtube und Pinterest
Quelle Bilder Youtube und Pinterest